475 Jahre Staatskapelle

Hält man sich die vielen musikalischen, gesellschaftlichen und politischen Wandlungen der letzten 475 Jahre vor Augen, grenzt das diesjährige Kapelljubiläum an ein Wunder. Am 22. September 1548 durch Kurfürst Moritz von Sachsen gegründet, überstand die Kapelle, auch dank des persönlichen Einsatzes ihres Kapellmeisters Heinrich Schütz, den Dreißigjährigen Krieg genauso wie später im Jahr 1697 den Konfessionswechsel Augusts des Starken. Zu Beginn noch als Vokalensemble konzipiert, zu dem bald die ersten Instrumentalisten stießen, wurde sie im Jahr 1708 schließlich zu einem rein instrumentalen Klangkörper umgewandelt. Unter berühmten Kapellmeistern wie Carl Maria von Weber, Richard Wagner und Ernst von Schuch baute die nunmehrige Königliche musikalische Kapelle zu Dresden ihre Spitzenposition im 19. Jahrhundert weiter aus. Mit der Gründung des Freistaats Sachsen 1919 wurde das bisherige Hoforchester schließlich zur Sächsischen Staatskapelle.

Seit der Amtszeit von Richard Wagner als Hofkapellmeister begeht die Kapelle ihre großen Jubiläen traditionell mit einem Festkonzert an ihrem Gründungstag, das diesmal ganz den »Hausgöttern« Weber, Wagner und Richard Strauss gewidmet ist. Weitere Höhepunkte der reichen Orchestergeschichte erwarten Sie während der gesamten Jubiläumssaison in hochkarätig besetzten Konzerten. Zudem wendet sich die Kapelle bewusst Werken des Konzertrepertoires zu, die selten, lange nicht mehr oder gar noch nie in ihren symphonischen Programmen zu hören waren. So erklingt zum Saisonabschluss erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Kapelle Gustav Mahlers Achte Symphonie.

Das Buch zum Jubiläum

Aus Anlass ihres 475-jährigen Jubiläums hat die Sächsische Staatskapelle Dresden in einer umfangreichen Publikation die jüngsten 100 Jahre ihrer Geschichte wissenschaftlich aufarbeiten lassen. Den Rahmen setzt ein Jubiläum im Jubiläum – vor genau 100 Jahren, im Weimarer Krisenjahr 1923 entstanden unter dem damaligen GMD Fritz Busch die ersten Tonaufnahmen der Staatskapelle. Sie sollten ein Jahrhundert einläuten, in dem Glanz und Schatten aufeinandertreffen: Technologischer Fortschritt und politische Umbrüche, staatliche Instrumentalisierung und ein massiver Ausbau der internationalen Tourneetätigkeit. Der Jubiläumsband »Goldglanz und Schattenwürfe« setzt sich auch erstmals mit der Kapellgeschichte im Nationalsozialismus und in der DDR auseinander.

Die Jubiläumsbox

Vor genau einhundert Jahren, 1923, sind die ersten Aufnahmen mit einem namentlichen Hinweis auf die Sächsische Staatskapelle Dresden produziert worden. In einer CD-Box »475 Jahre - 100 Jahre Tonaufnahmen« mit zehn einzelnen Scheiben wird die musikalische Entwicklung dieser Jahrzehnte wiedergegeben, sind Einspielungen unter Generalmusikdirektor Fritz Busch ebenso zu hören wie unter dem Komponisten Richard Strauss (in Form eines spektakulären BBC-Mitschnitts als wahre Rarität!). Zudem finden sich klingende Zeugnisse der jüngeren Zusammenarbeit etwa mit Herbert Blomstedt und Christian Thielemann. All diese Tondokumente reflektieren nicht nur die Orchesterarbeit und wichtige Meilensteine prägender Musikliteratur, sondern ansatzweise auch die Entwicklung der Aufnahmetechnik. Wurde die Musik ursprünglich noch höchst aufwändig in aufgewärmte Wachsplatten geschnitten, lässt sich heutzutage jeder musikalische Moment problemlos konservieren. Aus all diesen Epochen bis hin zur heute üblichen technischen Perfektion dank ausgefeilter Digitaltechnik sind beispielhafte Aufnahmen für diese CD zusammengestellt worden.

Ausstellungseröffnung in der Semperoper

Anlässlich des 475-jährigen Kapelljubiläums der Sächsischen Staatskapelle stellt das Historische Archiv ausgewählte Musikerinnen und Musiker aus den vergangenen einhundert Jahren der Orchestergeschichte vor.

Ein Jubiläum ist nicht nur ein Grund zum Feiern, sondern auch eine Gelegenheit auf die eigene Geschichte zurückzublicken, an die künstlerischen Höhepunkte zu erinnern sowie die zwiespältigen und herausfordernden Ereignisse in einen historischen Kontext einzuordnen.

In der Ausstellung lernen Sie die jüngste Kapellgeschichte aus der Perspektive von 19 ausgewählten Kapellmitgliedern kennen, deren individuelle Lebenswege eng mit übergeordneten Themenfeldern verbunden sind. Zwischen 1923 und 2023 waren insgesamt 615 Musiker*innen, aus unterschiedlichen sozialen wie kulturellen Kontexten kommend, bei der Staatskapelle engagiert. Sie formten und formen das Orchester von innen heraus, waren zugleich Teil der Gesellschaft und Spiegel ihrer Zeit. Die ausgewählten Biografien stehen somit exemplarisch für die komplexen Bereiche der musikalischen Ausbildung und Bewahrung der Klangtradition, für das Engagement im Dienst des Orchesters, für die solistische Strahlkraft aus dem Orchester heraus und für das Wirken im Spannungsfeld politischer Systeme.

Die Ausstellung ist vom 23. September bis 22. November 2023 im Opernhaus zu sehen.

Ausstellungseröffnung in der SLUB

Vor 475 Jahren wurde die heutige Staatskapelle Dresden gegründet. Als Hofkapelle war sie für die musikalische Ausgestaltung der religiösen, politischen und gesellschaftlichen Zeremonien des Hofes zuständig. Zunehmend prägte sie zudem das musikalische Leben der Dresdner Bürgerschaft und versteht sich bis heute als kulturelles Aushängeschild mit internationaler Reichweite. Das Gedächtnis dieser knapp 500jährigen Institution liegt zu wesentlichen Teilen in den Magazinen der SLUB - als höfische Einrichtung wurden der SLUB-Vorgängereinrichtung Musikalien aus dem Repertoire der Kapelle zur Archivierung überlassen, Nachlässe verschiedener Musiker ergänzten den Bestand sukzessive immer weiter. In diesen Erinnerungsspeicher leuchten wir mit unserer Ausstellung hinein und fragen anlässlich des 475. Geburtstages der Kapelle, welche Zeugnisse ihrer langen Geschichte warum und wie überliefert wurden, welche Geschichten diese Quellen erzählen, wie sie unser Bild auf die Vergangenheit der Kapelle prägen und wie verlorene Quellen zu Erinnerungslücken führen. Ergänzt wird die Kabinettausstellung durch Livepräsentation ausgewählter originaler Quellen aus dem Bestand des Kapellarchivs in der SLUB am 27.9., 1.11., 10.1. und 10.4., die einzelne Themen besonders herausgreifen und anhand der Quellen veranschaulichen.